Wie ein Tattoo einen bleibenden Eindruck hinterließ
Vor ein paar Jahren, als ich selbst noch ganz Tief im Sumpf meiner Essstörung und Depressionen hing, stolperte ich eines Abends von Video zu Video auf YouTube und landete am Ende bei einer jungen Israelin namens Henya, die über das Reisen und ihr digitales Nomadentum vloggte. In einem ihrer Videos wurde ich auf den Schriftzug, der ihren linken Oberschenkel zierte, aufmerksam. Irgendetwas an diesem Tattoo machte mich neugierig, also durchforstete ich ihren Kanal. Ich hatte Glück, denn schnell fand ich ein Video, in dem sie all ihre Tattoos erklärte – auch dieses. Als ich es im Detail erkennen konnte, stockte mir der erstmal Atem.
„No one is going to save you“ stand da in eleganter Kalligraphie, in die Haut ihres Oberschenkels gestochen. Niemand wird dich retten. Ich schluckte. Niemand wird dich retten. Wie bitte?
Ein Selbstliebe-Weckruf
Lass mich dir ein Bild malen, in welchem Zustand ich mich damals befand. Ich saß in meiner Studenten-WG, es war spät am Abend. Ich hatte den Tag damit zugebracht, nicht ans Essen zu denken (was natürlich dazu führte, dass ich nur noch mehr ans Essen gedacht hatte), mich ins Fitnessstudio zu zwingen und dort mein qualvoll hartes Training über 2 Stunden durchzuziehen – nur, um danach zu Hause an meinem Laptop zusammen zu brechen, weinend aus Angst, dass ich an diesem Tag wieder versagt haben könnte. Kurzum: Ich war in einem ziemlich tiefen Loch, aus dem ich absolut keinen Ausweg sah. Denn auch die Tage davor waren exakt so abgelaufen. Seit Wochen. Ich war verzweifelt und erschöpft von dieser stumpfen Wiederholung – müde vom Kampf gegen mich selbst. Selbstliebe war damals für mich ein Konzept, von dem ich nicht glaubte, dass ich es jemals erleben könnte. Es war mir vollkommen schleierhaft, wie es mir gelingen sollte, zufrieden mit mir zu sein – von lieben ganz zu schweigen! Und nun kommt da dieses junge Mädel um die YouTube-Ecke und sagt mir, dass niemand mich retten wird? Das…fand ich ganz schön scheiße, ehrlich gesagt. Denn im Grunde genommen war ich mir sicher, dass ich nicht für immer in diesem Loch bleiben wollte – aber die scheinbare Ausweglosigkeit schnürte mir immer wieder die Kehle zu – so auch, wie in diesem Moment.
Verantwortung übernehmen
Als sie erklärte, warum sie sich genau diese Worte auf den Oberschenkel geschrieben hatte, merkte ich, wie meine Brust eng wurde: Weil sie sich immer wieder daran erinnern wollte, wer die Verantwortung trägt.
Sie hatte sich dieses Tattoo stechen lassen, als sie an einem Tiefpunkt in ihrem Leben angekommen war und die Schnauze voll davon hatte, weiter zu leiden.
„Es mag hart klingen, aber so ist es. Niemand wird dich retten“, sagte sie mit ernstem Blick in die Kamera. „Niemand wird deine Kämpfe für dich ausfechten oder dich dazu zwingen, aus deinem Loch herauszukommen. Es ist deine Verantwortung. Wenn du nicht den ersten Schritt machst, wird es auch kein anderer für dich tun. Also entscheide dich.“
Damals reagierte ich erstmal mit Trotz, denn ich war fest davon überzeugt, dass es für mich keine Rettung gab. Gleichzeitig wollte ich nichts anderes: Rettung. Genauer: Gerettet werden. Damals klickte ich kopfschüttelnd auf das nächste Video, um mich von dieser verrückten Botschaft abzulenken. Aber diese Worte wirkten noch lange in mir nach.
Dass ich diese Worte von ihr hörte ist nun schon viele Jahre her, aber ich denke immer noch häufig an sie. Damals habe ich es später geschafft, mir Hilfe zu suchen. Ich machte eine Therapie und arbeitete an mir. Ich kämpfte. Ich hatte mich dazu entschieden, den ersten Schritt zu machen – und damit habe ich die Verantwortung übernommen, die so wichtig ist für jeden Veränderungsprozess.
Du musst deinen Weg zu mehr Selbstliebe nicht alleine gehen
Ich bin diesen Weg nicht allein gegangen – ich hatte viel Unterstützung! Aber ich war diejenige, die die Entscheidung dazu treffen musste. Die den ersten Schritt machen musste. Nur so konnte ich mich Stück für Stück aus dieser schlimmen Zeit hervor kämpfen. Und auch heute bewahrheiten sich diese Worte immer wieder: Wenn mich etwas stört, ob es nun mein Kekskonsum oder mein Stress im Büro ist – ich habe es in der Hand. Ich kann es verändern, niemand sonst. Wenn ich darauf warte, gerettet zu werden, kann ich lange warten. Ich entscheide, wie mein Leben verläuft. Meiner Erfahrung nach ist Veränderung manchmal leichter und manchmal schwerer – aber sie ist immer möglich.
Deine Unterstützung auf dem Weg zu einem liebevolleren Selbstbild
Wenn du gerade in einer ähnlichen Situation steckst, wie ich damals – mit einem negativen Selbstbild und dem Wunsch, entspannter, und liebevoller dir gegenüber sein zu können, dann wisse dies: Du kannst. Es ist möglich. Mach den ersten Schritt so klein wie möglich, um ihn zu gehen, aber geh ihn. Hol dir Hilfe, du musst das nicht alleine durchstehen. Glaub mir, alles stets in Veränderung. Auch das, was dich gerade plagt wird nicht für immer so sein. Und je schneller du die Verantwortung dafür übernimmst, dass es anders, besser wird, desto eher wird es wahr werden.
Wenn du jemanden suchst, der dir dabei helfen kann: Du weißt ja, wo du mich findest. Ich begleite dich gerne auf deinem Weg zu einer liebevolleren Einstellung zu dir selbst.
Hast du auch ein Zitat, dass dich nachhaltig bewegt oder nachdenklich gemacht hat? Schreib es mir in die Kommentare!